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Interview mit einer Nanny: Mobile Nanny Brigitte Dolezal aus Neunkirchen

Es gibt viele Möglichkeiten und Angebote der Kinderbetreuung in Österreich. Eine vielversprechende und zukunftsweisende Möglichkeit ist die "mobile Nanny" als Modell eines freien Gewerbes. Family Business hat mit Brigitte Dolezal dazu gesprochen, die kürzlich einen Preis des Landes Niederösterreich für ihre Idee erhielt.

 

Wie bist du auf die Idee gekommen als mobile Tagesmutter zu arbeiten?

Hier muss ich gleich einhaken, da ich mich dazu entschieden habe, nicht als mobile Tagesmutter, sondern als mobile Kinderbetreuerin selbstständig zu machen. Das ist ein Unterschied, da eine mobile Tagesmutter zwingend mit einem Träger, zum Beispiel Volkshilfe, Hilfswerk, Caritas u.a. zusammenarbeitet.

Zu deiner Frage, wie die Idee dazu kam:

Mit Kindern Zeit zu verbringen und sie zu begleiten freut mich schon sehr lange, die Vorstellung es beruflich umzusetzen kam mir Ende 2018.

Eines meiner Bücher, welches schon lange in meinem Besitz ist, ist von Barbara Sher „Ich könnte alles tun, wenn ich nur wüsste, was ich will“. Mit diesem Buch kann man ganz wunderbar über sich selbst und das Leben das man führt, reflektieren. Danach habe ich rasch Entscheidungen getroffen nach dem Motto „Folge deinem Herzen, aber nimm dabei den Kopf mit“. Meinen bisherigen Beruf als Controllerin aufzugeben, war keine einfache Entscheidung, aber ich habe es nicht bereut!

Wie war da dein Werdegang/Ausbildung?

Die erste Ausbildung habe ich bei der Volkshilfe absolviert im Frühjahr 2019 zur Tagesmutter gemäß NÖ KBG 1996 und §5 NÖ Tagesmutter/-väter Verordnung. Danach habe ich begonnen als Springerin für die Volkshilfe zu arbeiten. Hier konnte ich während der nächsten 2 Jahre sehr viel Erfahrung sammeln, da ich in 26 verschiedenen Häusern in Niederösterreich gesprungen bin und zwischen Kinderkrippe, schulischer Nachmittagsbetreuung und Hort eingesetzt wurde.

Während der Anstellung habe ich die Ausbildung zur Betreuungsperson in einer NÖ Tagesbetreuungseinrichtung gemäß §7 laut NÖ Tagesbetreuungsverordnung begonnen und abgeschlossen.                                                          

Wie wird man selbständig?

Internetrecherchen über die gesetzlichen Voraussetzungen und die Möglichkeiten zu Ausbildungen waren die ersten Schritte. Hilfreich dabei ist die Berufsinformationsseite der WKO.

Alle folgenden Informationen bitte für den jeweiligen Fall selbst zu prüfen, ich bin kein Rechtsexperte und es könnten sich jederzeit Änderungen ergeben.

Mein Weg und meine Erfahrungen sind folgende:

Ich habe das Service der Gründeragentur des Landes Niederösterreich riz up in Anspruch genommen. Hier gibt es kostenlose persönliche Beratung und eine Menge Online Seminare und Lehrveranstaltungen an verschiedenen Orten, ebenfalls kostenlos. Vom Businessplan bis zu Marketing konnte ich mir hier den nötigen Input holen.

2022 war ich Kunde des AMS und hier gibt es eine weitere Möglichkeit gefördert in die Selbstständigkeit begleitet zu werden. Es gibt dazu das UGP, das Unternehmensgründerprogramm. Nach Prüfung des UGP (Businessplan Einreichung und persönliches Vorsprechen) wurde ich aufgenommen und konnte mit Arbeitslosengeldbezügen während der nächsten 6 Monate am Aufbau meiner Selbstständigkeit arbeiten. Weiters ist es möglich geringfügig dazuzuverdienen (die Geringfügigkeitsgrenze 2022 ist 485,85 Euro pro Monat).

Die Abrechnung für diesen Zuverdienst als Kinderbetreuerin musste mit Dienstleistungsschecks erfolgen. Informationen zum DLS (Dienstleistungsscheck) bekommt man bei Bundesministerium für Arbeit und die Abrechnung erfolgt über die BVAEB. Das hört sich alles kompliziert an, es ist auch arbeitsintensiv, dafür legal. Die Arbeit lohnt sich also!

Um diese Dienstleistung hauptberuflich als mobile Kinderbetreuerin auszuüben ist es nötig Neue Selbstständige zu werden.

Es handelt sich erst um ein Gewerbe, wenn es sich um eine Beaufsichtigung und Animation von Kindern ohne Erzieherischen Zweck handelt.

Ich hingegen unterstütze die gleichen Routinen, die Eltern festlegen, damit das Kind den Spiel-, Ess- und Schlafrhythmus beibehalten kann. Meine Aufgabe als mobile Kinderbetreuerin ist familienergänzend, und ist für die Eltern eine kompetente Kinderbetreuung. Dabei übernehme ich die liebevolle Pflege der anvertrauten Kinder, die Versorgung und Fürsorge und sorge auch für viel Spiel und Spaß sowie die Aufsicht.

In meinem Fall muss die Absicht der Selbstständigkeit darin bestehen, über die Geringfügigkeitsgrenze hinaus Geld zu verdienen. Ansonst wäre es weiterhin über DLS zu verrechnen und unselbstständig (wie bei Babysittern oder Leihomas).

Alle die Tagesmütter werden wollen, sollten sich an einen Träger (Volkshilfe, Hilfswerk, Caritas u.a.) für weitere Informationen wenden.

Was macht dir an deinem Beruf besonders viel Freude? 

Ich finde es unheimlich spannend und freudvoll mit mehreren Familien zusammen zu arbeiten und die unterschiedlichen Entwicklungsstadien der Kinder zu begleiten. Meine zu betreuenden Kinder sind zwischen 1 und 11 Jahre alt, somit ist viel Abwechslung bei den Aktivitäten. Basteln, Bewegungsspiele und Geschichten erzählen freut die Kinder und mich auch! Ich freue mich auch immer über die Offenheit und Ehrlichkeit der Kinder. Jeder Betreuungstag läuft anders, das fordert viel Flexibilität, Verständnis und Empathie.

Welche Motivation würdest du anderen Frauen mitgeben, die überlegen (mobile) Tagesmutter zu werden?

Die Motivation oder der Antrieb den Beruf als Kinderbetreuerin auszuüben ist sehr individuell.

Meine Motivation als mobile Kinderbetreuerin ist hauptberufliche Selbständigkeit in der Kinderbetreuung. Meine einfache Sofortunterstützung für Eltern ermöglicht diesen ihrer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, oder eine Auszeit zu nehmen, falls die reguläre, regelmäßige Betreuung nicht zur Verfügung steht. Ich will Eltern eine rasche und unkomplizierte Unterstützung anbieten, wenn es nötig ist! Stundenweise, tageweise, auch am Wochenende und bei Bedarf 24/7. Der Bedarf ist da und die Eltern sind sehr dankbar über das Angebot.

Für Frauen die Tagesmütter werden wollen, kann die Motivation sein während der Betreuung ihrer eigenen Kinder, zuverdienen zu wollen und motivierend eine qualitätvolle und individuelle Spielzeit für die fremden und eigenen Kinder in ihrem eigenen Haushalt anzubieten.

Bei der mobilen Tagesmutter ist es auch möglich die eigenen Kinder mit in den fremden Haushalt mitzunehmen, wenn das so mit den Eltern vereinbart ist. Das bringt viel Abwechslung an Spielkameraden und Spielzeug für die Kinder, was auch eine Motivation sein kann.

Welche Wünsche hast du an die Politik in diesem Zusammenhang?

Meine Berufung als mobile Kinderbetreuerin tätig zu sein läuft ab 01.01.2023 als Kinderbetreuerin im Rahmen der Freien Berufe. Die Gründung erfolgt als Neue Selbstständige. Das bringt mir den Vorteil flexibel und spontan Eltern zu unterstützen ohne eine Mindeststundenanzahl pro Monat zu vereinbaren. Ich biete intensive Kurzzeitbetreuung, aber auch langfristige Begleitung an, je nach Bedarf.

Es bringt aber auch Nachteile für mich nicht mit einem Träger zusammen zu arbeiten. Ich habe höhere Kosten für Versicherungen (z.B. Betriebshaftpflicht), für Marketing und Werbung sowie keine kostenlose jährliche Weiterbildung und das Netzwerk.

Ich würde mir wünschen diese Tätigkeit als freie mobile Tagesmutter ausüben zu können, dazu wäre eine Anpassung der Gesetzliche Grundlage – Jugendwohlfahrtsgesetz nötig, damit auch für freie mobile Tagesmütter entsprechenden Auflagen definiert sind. Die Tagesbetreuung durch Tagesmütter/-väter findet ihre gesetzliche Grundlage im NÖ Kinderbetreuungsgesetz von 1996 sowie m §5 in der NÖ Tagesmütter/-väter-Verordnung.

Besuche mich auf meiner Website www.nannymobil.at oder auf meinem Youtube Kanal https://www.youtube.com/channel/UCF-VZzSU2IP9lq9oGfN_UXw